27
Jan
2013

Es sarrazyniert mal wieder im toitschen Blätterwald

Tante Zeit hat kein wichtigeres Thema, als sich darüber zu echauffieren, dass das Umschreiben von Kinderbüchern, um rassistische Wörter, die früher noch nicht als rassistisch galten zu eliminieren Zensur sei und dass der Lesegenuss, den Leute, die heute alte Säcke sind mit Pipi Langstrumpf und Die kleine Hexe als Kinder hatten für die heutigen Kinder dadurch geschmälert würde, dass diese rassistischen Ausdrücke nicht mehr vorkämen. Psychologisch sehr interessant: Weil heutige Kinder Südseeprinzessin statt Negerprinzessin lesen haben sie nicht mehr den Lesegenuß, den Ulrich Greiner als Bub hatte. Liest sich irgendwie wie eine Mischung aus falscher Projektion und narzisstischer Störung. Der Herr Diez hat dazu ein paar passende und treffende Dinge gesagt.


http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/georg-diez-zur-neger-debatte-um-die-kleine-hexe-a-878371.html



Die Vorstellung solcher Spracherhalter wie Greiner (kennt heute überhaupt noch wer die Wortbedeutung von "greinen"?), althergebrachte, heute eigentlich nicht mehr verwendbare Ausdrücke müssten erhalten werden würde, wenn sie auf andere Ausdrücke als die hier isoliert verwendeten Formulierungen angewendet würde darauf hinauslaufen, etwa Robinson Crusoe ausschließlich im Wortlaut der ursprünglichen Originalübersetzung zu lesen. Schon Goethes Werther wird heute eher als umständlich und anstrengend zu lesen denn als elegant wahrgenommen. Nehmen wir aber Greiners Spracherhaltungsparadigma so richtig ernst, so müsste das Buch "Wunder der Welt. Die Reisen des Marco Polo" bis heute den deutschen Titel: "Dies sind die Aventiuren des Markus Polus von Venezien, des groszen Landtfahrers, der daselbst viel woanders gewesen ist" tragen, denn so hieß seine deutsche Fassung mal.


Ei der Daus Barde Greiner, mich deucht, so lässt sich das nicht machen.


Zwei von mir viel gelesene Blogger haben sich mit der Materie befasst und sind zu lesenswerten Ergebnissen gekommen. Da ist zunächst Momorulez. In seiner Auseinandersetzung mit dem Zensurvorwurf bezüglich der Kinderbuchumschreibungen stellt er zunächst mal die politisch-historische Dimension von Zensur und die Absurdität der Argumentation sich bedroht fühlender weißer männlicher Bildungsbürgerexistenzen dar. Das ist großes Kino und schon rein sprachlich sehr lesenswert.


http://metalust.wordpress.com/2013/01/22/mal-kurz-was-zu-zensur/


Aber Momorulez wäre nicht Momorulez, würde er nicht sachliches und persönliches bis zur Untrennbarkeit vermengen. Richtige Analyseansätze verschmelzen mit persönlichen Ängsten, die er nicht kontrolliert sondern die ihn kontrollieren. Aus Leuten mit falschen Argumenten werden von grundauf böse Personen, die aus reinem Sadismus agieren. Greiner, Hacks und di Lorenzo werden als notorisch rassistische Sadisten beschrieben, die wahrscheinlich schon auf dem Schulhof die Kameradenschweine waren. Na, wer den zarten, zerbrechlichen Giovanni mal erlebt hat wird das sehr absurd finden. Der Schulhofsbezug und dessen Verknüpfung mit der eigenen Biografie, dem Sich Verstecken vor den Schindern lassen mir einmal mehr die Bloggerpersönlichkeit von Momorulez als sonderbar kindhaft erscheinen. Die Frage "cui bono?" die Frage nach der politischen Funktionalität der ganzen Thematik wird nicht gestellt, bzw. pauschal mit einer Wahrung von whm-Dominanz beantwortet, die es im objektiven Resultat geben mag, die aber niemanden direkt motiviert.

Wer sich auch mit der Problematik auseinandersetzt ist Che,


http://che2001.blogger.de/stories/2194128


und auch hier fällt auf, dass nicht nach cui bono? gefragt wird. Er ergeht sich in einem Hin-und-Her-Erwägen zwischen antiriassistischer korrekter Sprache einerseits und dem rauen Non-PC-Humor seiner eigenen migrantischen Freundeskreise andererseits, aber auf den Punkt kommt er nicht. Während Momo überzieht und aus an sich richtigen Überlegungen und Kritiken ein überspitztes, ins Dämonisieren übersteigertes Bedrohungszenario entwickelt, in das auch gleich alle möglichen Blogpersönlichkeiten eingebaut werden mit denen er sich mal überworfen hat, so relativiert, differenziert und nuanciert Che so weit, dass eigentlich kein greifbares Ergebnis mehr übrigbleibt. Damit fällt er aber selbst hinter seinen eigenen Antiimperialismus zurück.


Der Kommentator Koogleschreiber hingegen sagt ganz klar, was Sache ist

http://che2001.blogger.de/stories/2194639/#comments


"Die Bundeswehr wird künftig vor allem in Afrika unsere Freiheit verteidigen'. Noch äußert sich die Bundesregierung zurückhaltend, was Mali angeht - und läßt derweil die Medien und deren Kommentatoren vorpreschen. Witzeleien über Westerwelles Initiativen wechseln sich ab mit Horrorgemälden der Al Qaeda und jenen Flüchtlingsströmen, die Europa drohen, sollten die afrikanischen Hot Spots nicht befriedet werden. Man wird uns zunehmend mit Bildern von barbarischen Akten und rückständigen Zivilisationen überfluten. (Barbarei ist übrigens auch so ein Wort, wenn man es richtig bedenkt.) Die Stammtische werden es zu kommentieren wissen, derweil unsere Bildungspolitik es darauf anzulegen scheint, eine neue Generation 'hervorragendes Soldatenmaterial' heranzuzüchten. Unterm Strich geht es z.Z. natürlich darum, Frankreichs Uranminen in Afrika vor unerwünschtem Zugriff zu schützen. Ferner vielleicht auch um den Erhalt unserer Giftmülldeponien in Nigeria.

Inzwischen baut und bauscht die Presse Widersprüchlichkeiten in unserem Verhältnis zu Afrikanern auf. Man muß schon um die Ecke denken, um zu erkennen, wie heikel und fragwürdig es ist, auf diesen Zug aufzuspringen, um mitzudiskutieren."


So ist das. Das deutsche Wirtschaftssystem wird künftig nicht nur am Hindukusch, sondern auch am Niger verteidigt, und dazu wird schon mal Feindbildpflege betrieben. Sarrazin betrieb noch Feindbildpflege, indem er sozial Schwache, MigrantInnen und speziell sozial schwache MigrantInnen als unerwünscht, als lästig und schädlich stigmatisierte. Es geht dabei nicht um arrivierte PoC, ein Roberto Blanco, Yeboah oder Naidoo steht nicht auf der Liste. Sondern es geht um die Gleichsetzung von Armut und "Rasse", ein Muster, das nur allzu bekannt ist. Und nun kommt der nächste Schritt: Man wird doch wohl noch mal Neger sagen dürfen, und wehe den Schwarzen, die das nicht so finden.

Mittlerweile ist das Thema in Blogs angekommen, die unverlinkbar sind, und was da an blankem Hass gegenüber Leuten wie Mekonnen Mesghena geäußert wird rief in mir sofort den Reflex wach, unter das Kopfkissen zu greifen, ob da noch der Revolver liegt. Ist über 20 Jahre her, da schlief ich mit der Knarre unterm Kopfkissen, als Hoyerswerda, Rostock, Mölln passierten. Das Pack ist immer noch da.
logo

netbitchonline

Erlebnisse einer kritischen Hedonistin

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Zwei äußerst lesenswerte...
https://che2001.blogger.de / https://bersarin.wordpr ess.com/
netbitch - 18. Mär, 19:25
Die Welt ruft.
War nett, mit dir geplaudert zu haben nacn langer Zeit.
wolfdieter - 18. Mär, 05:44
Haben Che und Bersarin...
Haben Che und Bersarin eine Webseite? Falls ich es...
wolfdieter - 17. Mär, 23:21
Na ja, es gibt mittlerweile...
Na ja, es gibt mittlerweile zu diesem Thema eine eigene...
netbitch - 17. Mär, 23:07
Was für ein bürgerliches...
Was für ein bürgerliches Verbrechen spricht sind die...
wolfdieter - 17. Mär, 17:36

Status

Online seit 7261 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 18. Mär, 19:26

Credits


AntisexismusundAntirassismus
Fun
Krisenzeichen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren