29
Jun
2005

Attraktivität

Bei der Frau Modeste tobt gerade die Debatte über das Wie und warum des Einander attraktiv findens http://modeste.twoday.net/stories/802149/#comments, und ich stelle mal wieder fest, wie unterschiedlich die Menschenkinder so sind. Einen reifen Juristen, der Geige spielt, finde ich zum Beispiel völlig uninteressant, einen Buchhändler oder Mediendesigner, der E-Gitarre oder -Bass spielt würde ich, wenn der optisch auch was hermacht, wohl schon recht begehrenswert finden. Dicke Männer mit Angeberautos wie Porsche oder S-Klasse sind peinlich - aber sportlich-gutaussehende Männer im offenen Cabrio ein ganz anderer Schnack. Ein Auto sollte das Wesen, den Charakter eines Mannes hervorheben und betonen, nicht etwas nicht Vorhandenes kompensieren. Und gegen einen ansprechenden Radfahrer ganz ohne Motorfahrzeug habe ich auch nichts einzuwenden, mir geht es nicht um Geld oder Status, sondern ein ästhetisches Gesamtensemble.

22
Jun
2005

Krankenakte goes New Economy

Da wollte doch jemand ernsthaft so eine Art OpenBC für Patientendaten aufmachen http://www.cepco.de/,
ist dabei gescheitert, und kaum wird diese Tatsache veröffentlicht http://rebellmarkt.blogger.de/stories/292465/#comments, findet sich ein Resteverwerter http://www.medicment.com/, der seine Dienstleistungen anbietet, allerdings in einem Blog, das sich zum Vermarkten eigener Services etwa so eignet wie ein Igel zum Arschabwischen. Ich persönlich hätte kein Vertrauen gegenüber einem solchen Service; nach großem Lauschangriff, der zunehmend restriktiveren Art, wie Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und BfA versuchen, Leistungsansprüche abzuwehren, den Möglichkeiten moderner Datenspionage und der steigenden Bedeutung einer enggefassten Firmenethik als Kriterium der Mitarbeiterselektion (mit der negativen Seite einer Diskriminierung abweichender Verhaltensweisen) wäre mir unwohl, wenn ich wüsste, dass sich solche Daten online befinden, wenn auch passwortgeschützt. Vor allem aber: Wozu das Ganze? Will ich Risiken und Nebenwirkungen vermeiden, wende ich mich an Arzt oder Apotheker ;-)

18
Jun
2005

Ca ira

Die Nation des Citoyens hat es den Eurokraten und Gleichmachern gezeigt. Das "Non" der französischen Bevölkerung zum europäischen Verfassungsentwurf ist weit mehr oder besser gesagt etwas ganz Anderes als das trotzige Behaupten nationaler Besonderheiten und Ausdruck allgemeiner EU-Verdrossenheit. Gegen eine massive staatliche Propagandamaschinerie, der die Gewerkschaften und Attac (das in Frankreich etwas völlig Anderes ist als in Deutschland, wo das Netzwerk wie ein Verein zur Förderung der Tobin-Steuer und zusätzliche Koordinierungsstelle von Anti -HartzIV-Demos im Westen erscheint) ihre Sicht der Dinge erfolgreich und unermüdlich entgegenstellten, hat das französische Volk, also der Souverän, entschieden, dass es keine grenzenlose Deregulierung und kein von der EU verordnetes neoliberales System will. Robespierre sagte nach dem Todesurteil für Louis XVI, die Franzosen seien jetzt Franken. Damit war nicht die Herkunft von ihren historischen Vorfahren gemeint, sondern das, was dieses Wort ursprünglich einmal bedeutete: Freie Menschen. Auch im EU-Europa bleibt Frankreich das Land der Tat.

12
Jun
2005

bitch as bitch can

Durch dieses Messeerlebnis rückte noch etwas in meinen Gesichtskreis, zu dem ich bis dahin zwangsläufig keinen Zugang hatte: besagter Kollege von der Partnerfirma berichtete, wie die Messegirls von Freenet Werbung betreiben würden. Sie trugen lange, aber oben relativ knapp geschnittene Einheitskleider aus billigem Kittelmaterial in dem grellen Freenet-Grün und langschäftige schwarze Stiefel und rannten rund um den Freenet-Stand herum, um ihre Giveaways zu verteilen. Das waren kleine Plastikdöschen, die Peppermint-Drops und die Freenet-Zugangssoftware enthielten. Die Döschen hingen an einem langen, dünnen Nylonband, und wenn die Messegirls, die übrigens von einer Castingagentur nach Busengröße und Beinlänge ausgesucht wurden, männlichen Messebesuchern die Dinger um den Hals hängten, bewegten sie sich dabei so, dass sie ihnen in den Ausschnitt sehen MUSSTEN. Na ja, dagegen hatten wohl die wenigsten Kerls etwas, insofern hält sich mein Mitgefühl in Grenzen;-)

Wirklich ärgern konnten ich mich über das Tussentum bei anderer Gelegenheit. Ich hatte geraume Zeit später einmal ein Verhältnis mit einem Vorgesetzten. Nein, ich wollte mich nicht hochschlafen, nein, es war auch keine große Liebe, es passierte einfach so und hatte keine großen Folgen. Eigentlich. Aber was an Gequatsche losging, war die Hölle. Die Männer gingen noch, die erzählten vielleict feixend Dinge über meine Qualitäten im Bett, die sie überhaupt nicht beurteilen konnten und nie beurteilen können werden, aber ehrlich gesagt, unter Männern den Ruf zu haben, eine Schlampe zu sein, ist bei der simpel strukturierten Psyche deutscher Durchschnittsmänner ja immer auch mit einem gewissen Ruhm verbunden.

Nein, übel waren die WEIBER. Gerade jene Augenaufschlagstussis mit Schmollmund und Schlafzimmerblick, die Kundenpflege ausschließlich über ihr Sexappeal betrieben, zerrissen sich furchtbar das Maul darüber, was ich für eine abgefeimte Schlampe sei und wie ich mich gezielt hochvögeln würde. Schließlich machte ich tatsächlich von meinem Einfluss auf meinen damaligen Lover Gebrauch und brachte ihn dazu, die schlimmste Schranze ins hintere Kannitverstan zu versetzen;-)

Später stieß ich dann bei Dotcomtod auf einen Gattungsbegriff für diese Art Frauen: Anjas und Tanjas. Das erleichterte die Sache, sie waren jetzt klar kategorisiert.

11
Jun
2005

Das Schlampentum

Es ist ein paar Jahre her. Da kam dieser Kollege von der Partnerfirma an unseren Messestand. Er war etwa zehn Jahre älter als ich, also Anfang vierzig, mittelgroß, schlank, breitschultrig, gutausehend. Er verstand es auch, sich geschmackvoll zu kleiden, anders als diese Yuppieaffen in der NE, die sich zwar über Gebühr teuer anziehen, aber trotzdem mein Auge "aua" schreien lassen. Er trug ein dunkles Jackett eines französischen Edelcouturiers über einem schwarzen Baumwollpullover, dunkle Canvashosen von Land´s End, schwarze Budapester, Schweizer Uhr. Alles an ihm wirkte gediegen, öhne schnöselig zu sein. Also, er kam lässig an meinen Demopoint geschlendert und fing einen Smalltalk mit mir an. Wieviele Kunden sich für unsere Produkte interessieren würden, wie ich mit dem Chef auskäme, ob ich den und den von HP schon gesprochen habe und so weiter. Es war ihm anzumerken, dass es ihm nicht um das ging, was er sagte, und er kam schnell zum Wesentlichen: Ob ich Lust hätte, heute abend mit ihm auf diese Afterworkparty zu gehen. Dabei lächelte er charmant, und der gegen den Gauloises-Geruch genommene Kaugummi wanderte hinten im Mund von einer auf die andere Seite.
"Was soll ich da?" fragte ich zurück und lächelte mit sehr viel Zähnen. "Weißt Du, die meisten Leuten melden sich als Standbesatzung ja nur wegen der Messeparties," erklärte er, "da geht immer unheimlich viel ab. Das ist so ähnlich wie mit Ski und aprés ski." "Ah, so, nach den Feten wird gefickt, und Du willst mich abschleppen?" fragte ich mit breitem Grinsen zurück. Nachdem er sein Kinn vom Fußboden aufgehoben und die rote Gesichtsfarbe schrittweise abgepumpt hatte, meinte er, so offen habe er das aus dem Mund einer Frau noch nie gehört, selbst eine Frau mit ernsthaften Absichten würde diese niemals direkt verbalisieren. "bin ich jetzt eine Verbalschlampe?" fragte ich, um meinen unschuldigsten Gesichtsausdruck bemüht, zurück. ER lachte und meinte dann: "Schau Dir mal all diese Messegirls an, auch Deine jüngeren Kolleginnen. Die flirten ständig mit Kunden, nicht, weil sie mit denen etwas anfangen würden, sondern um des Jobs willen. Lächeln in der Stimme, gurren, Augenklimpern, zufällig im Kundengesprächen das Top verrutschen lassen und die Schulter entblößen, oder gar einen BH-Träger zum Rutschen bringen, alles reine Vertriebsstrategie. Sex sells. Und auf den Parties geht das weiter, wenn das nicht die Standparty des eigenen Teams ist, lassen die sich von wichtigen Kunden etliche Caipis ausgeben, graben die ordentlich an, und am Ende läuft nichts. Business as usual. Das sind für mich Schlampen. Du hingegen hast Deine Reize, setzt sie aber nicht instrumentell ein. Du verkaufst ein Produkt, aber nicht Dich mit. Du verbalisierst Sex und durchkreuzt damit das ganze Sex-sells-Spiel. Du magst abgebrüht sein, aber keine Schlampe. Was das Abschleppen angeht: Sex nach zehn Stunden Messestand wäre mir viel zu anstrengend."

Wir hatten einen köstlichen Abend und beobachteten nach dem Motto "Expeditionen ins Tierreich" das yuppe Publikum und sein Balzverhalten.

6
Jun
2005

Wie alles begann

Ursprunglich Sowistin, d.h. Dipl. Sozialwirtin, war es eigentlich mein Ziel, in die Sozialforschung zu gehen, doch die Stellensituation an den Unis brachte mich auf Abwege. Als freie Journalistin verdiente ich gerade mal so viel, wie ich vom Sozialamt auch bekommen hätte, und so ließ ich mich darauf ein, für eine New Media Agentur das Marketing zu machen. Das war die Zeit, als diese Läden gerade boomten und hypten. Leider machte mein Chef schon vor der großen Götzendämmerung die Grätsche, haarscharf vor der Milleniumswende war der Laden platt, und der dicke Mann mitdem schnellen Auto war nicht imstande, die
Insolvenzanmeldung selber hinzukriegen, das musste ich für ihn erledigen, für die letzten Wochen vor der Abwicklung noch schnell zur Betriebsleiterin befördert.Mein weiterer Weg führte mich zu einem Systemhus, wo ich als Marketingassistentin arbeite. Nichts, wofür frau ein Studium braucht, aber auch nichts Schlechtes, vor allem ein solide aufgestellter Laden. Früher war ich mal die leicht gepunkte Streetwear-Trägerin ("Kampfchic", wie das ein alter Freund nannte).
Heute bin ich alfafahrende chice PR-Schnitte, die sich nicht zu schnittig ist, auch mal direkte Kundenberatung zu machen. Was sich nicht geändert hat, sind eine allgemein gesellschaftskritische Grundhaltung und das intensive Bedürfnis, zu überleben.

3
Jun
2005

Am Anfang

war ein eigentlich schon ziemlich großes Mädchen, das lernte, in einer Welt, in der dicke Männer mit schnellen Autos das Sagen haben, zu überleben. Heute ist diese Welt, die New Economy, verschwunden, aber ihre Mechanismen leben weiter. In ihre Wunden wird hier der Daumen gesteckt.
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