Einige Überlegungen zum Automobil-Design des Art Deco
Was den optischen Auftritt des MG hier deproportioniert, ist das aufgewickelte Verdeck. Der metallische Bügel auf dunklem Grund verstärkt diesen Eindruck und mag den reflexhaften "Kinderwagen"-Ausruf motiviert haben. (Eine ähnliche Technik finden wir übrigens bereits beim Landauer mit aufklappbarem Verdeck, dem Zerbster Wagen.)
Das vollständige Schließen oder Öffnen des Verdecks indes ließe die Gestalt dieses Automobils rein hervortreten: Es ist die Gestalt des Art Deco.
"Art Deco" ist hierbei keine designerische Kopfgeburt, sondern erzwungen durch die Technik: Die Motorhaube ist nicht darum so lang, weil's geil aussieht, sondern weil der Motor irgendwo untergebracht werden muß. Das galt zumal für die Luxuswagen, bei denen der 16-Zylinder das Maß der Dinge war.
Das aber beantwortet noch nicht die Frage, warum die von der langen, voluminösen Motorhaube bestimmte Ästhetik bis heute als imposant und aufregend, ja nachgerade magisch empfunden wird. Die überzeitliche Kraft dieser Wirkung legt die Vermutung nahe, daß hier tiefere Schichten des kollektiven Gedächtnisses berührt sind.
Die Herkunft des Automobils von der Pferdekutsche wird stets dann bis zum Überdruß repetiert, wenn es um die ersten Kfz geht, die aussehen wie eine Kutsche mit Kutschbock ohne Pferde. Nach meiner Kenntnis wurde bislang jedoch noch nicht versucht, diese Herkunft für die Beantwortung der obigen Frage fruchtbar zu machen.
Die Automobile der 20er und 30er Jahre verbindet mit der von Pferden gezogene Kutsche, dass die Antriebseinheit vor dem Fahrgastraum liegt. Die Regel: je mehrspänniger die Kutsche, um so mächtiger die Insassen, ist über Jahrhunderte gefestigte, sedimentierte Erfahrung. Das heißt:
Die Länge der Antriebseinheit ist eine "imago", ein Urbild der Macht selbst.
Und dies ist der Grund für die Faszination der Art Deco-Automobile.
(Für die Kutsche tritt hinzu, dass das Pferd selbst bereits ein solches Urbild ist, das nicht in Jahrhunderten, sondern in Jahrtausenden sedimentierte: Ohne die Beherrschung des Pferdes, seine militärische und agrarische Funktionalität, waren Naturbeherrschung und Herrschaft nicht denkbar. Im Bild des Pferdes ist die Selbstüberschreitung der menschlichen Gattung konzentriert: Der das Pferd beherrschende Mensch ist stärker, größer und schneller als er selbst.)
Die luzide Gestaltung jenes Urbilds ist für immer mit dem Namen Maybach verbunden. Was Horch, Packard, Rolls Royce und Mercedes schufen, ist begeisternd – anbetungswürdig ist nur Maybach.
In jüngster Zeit hat Eberhard Schulz mit dem erstaunlichen "Isdera Autobahnkurier" auf seine Art die bleibende Faszination des Art Deco-Automobils realisiert.
Ganz recht, das Verdeck hat nichts von einem Spider, sondern ist ein modifiziertes Kaleschenverdeck. Die Federung ist der reinste Atavismus und kommt noch von den "Diligence" genannten Schnellpostkutschen. Ansonsten freue ich mich, hier einmal einen so kulturhistorisch kompetenten Kommentar zu lesen!
SirTurbo - 12. Okt, 18:13
Auch wenn es nicht zu der doch recht fachlichen Debatte hier passt:) :
Eine Motorhaube muss deshalb lang sein, weil frontgetriebene Autos da das Triebwerk unterbringen müssen - kurze Motorhaube heisst quereingebautes Maschinchen, und das nennt man dann nicht Auto sondern zB Golf^^
Ausnahmen sind Autos mit Mittel- oder Heckmotor, aber die dürften die Ausnahme sein:o)
Einige Überlegungen zum Automobil-Design des Art Deco
Das vollständige Schließen oder Öffnen des Verdecks indes ließe die Gestalt dieses Automobils rein hervortreten: Es ist die Gestalt des Art Deco.
"Art Deco" ist hierbei keine designerische Kopfgeburt, sondern erzwungen durch die Technik: Die Motorhaube ist nicht darum so lang, weil's geil aussieht, sondern weil der Motor irgendwo untergebracht werden muß. Das galt zumal für die Luxuswagen, bei denen der 16-Zylinder das Maß der Dinge war.
Das aber beantwortet noch nicht die Frage, warum die von der langen, voluminösen Motorhaube bestimmte Ästhetik bis heute als imposant und aufregend, ja nachgerade magisch empfunden wird. Die überzeitliche Kraft dieser Wirkung legt die Vermutung nahe, daß hier tiefere Schichten des kollektiven Gedächtnisses berührt sind.
Die Herkunft des Automobils von der Pferdekutsche wird stets dann bis zum Überdruß repetiert, wenn es um die ersten Kfz geht, die aussehen wie eine Kutsche mit Kutschbock ohne Pferde. Nach meiner Kenntnis wurde bislang jedoch noch nicht versucht, diese Herkunft für die Beantwortung der obigen Frage fruchtbar zu machen.
Die Automobile der 20er und 30er Jahre verbindet mit der von Pferden gezogene Kutsche, dass die Antriebseinheit vor dem Fahrgastraum liegt. Die Regel: je mehrspänniger die Kutsche, um so mächtiger die Insassen, ist über Jahrhunderte gefestigte, sedimentierte Erfahrung. Das heißt:
Die Länge der Antriebseinheit ist eine "imago", ein Urbild der Macht selbst.
Und dies ist der Grund für die Faszination der Art Deco-Automobile.
(Für die Kutsche tritt hinzu, dass das Pferd selbst bereits ein solches Urbild ist, das nicht in Jahrhunderten, sondern in Jahrtausenden sedimentierte: Ohne die Beherrschung des Pferdes, seine militärische und agrarische Funktionalität, waren Naturbeherrschung und Herrschaft nicht denkbar. Im Bild des Pferdes ist die Selbstüberschreitung der menschlichen Gattung konzentriert: Der das Pferd beherrschende Mensch ist stärker, größer und schneller als er selbst.)
Die luzide Gestaltung jenes Urbilds ist für immer mit dem Namen Maybach verbunden. Was Horch, Packard, Rolls Royce und Mercedes schufen, ist begeisternd – anbetungswürdig ist nur Maybach.
In jüngster Zeit hat Eberhard Schulz mit dem erstaunlichen "Isdera Autobahnkurier" auf seine Art die bleibende Faszination des Art Deco-Automobils realisiert.
Eine Motorhaube muss deshalb lang sein, weil frontgetriebene Autos da das Triebwerk unterbringen müssen - kurze Motorhaube heisst quereingebautes Maschinchen, und das nennt man dann nicht Auto sondern zB Golf^^
Ausnahmen sind Autos mit Mittel- oder Heckmotor, aber die dürften die Ausnahme sein:o)