24
Nov
2006

Ein echter Rebell, ein merkwürdiger Panzerfahrer und ein Massaker; oder: Der Griff ins Sauerkrautfass

Ich lernte ihn Anfang der Neunziger in der linken Szene kennen. Er war tough, eloquent, fantasievoll und sehr begeisterungsfähig. Er engagierte sich unter anderem in einem politischen Zusammenhang, der Soliarbeit für Südkurdistan machte. Südkurdistan, das war wichtig. Es gab keinen Nordirak. Sie bezeichneten sich als Antifas, die gegen den Faschisten Saddam kämpften. Gegen Nazis in Deutschland, gegen das Militär in der Türkei, gegen Saddam im Irak, gegen die israelische Armee (aber nicht das israelische Volk) in der Westbank, für die Schwarzen in den USA - ein Kampf. Einige von ihnen hatten vorher mit der Waffe in der Hand gegen Saddam gekämpft. Jetzt machten sie legale Arbeit, im Grunde eine private Hilfsorganisation. Allerdings robust; wenn eine pro-irakische Organisation in Deutschland eine Diskussionsveranstaltung machen wollte, reichte schon das vage Gerücht, dass die Gruppe teilnehmen wollte, um sie sofort abzusagen und selbst aus dem Ausland angereiste Referenten heimzuschicken. Er machte die Öffentlichkeitsarbeit, oder zumindest einen Teil davon. Da wundert es mich schon sehr, bei einem Blogger, dessen Heimseite aussieht wie die Kameradschaftsabendshomepage eine Panzerbataillons, zu lesen, er sei ein Freund der Schlächter des Saddam-Regimes, und ihn mit Dscherdschinski, einen anderen Blogger hingegen mit Berija verglichen zu sehen. Ist mein alter Freund plötzlich völlig umgedreht worden? Haben Saddams Häscher eine Gehirnwäsche mit ihm gemacht, noch bevor sie selber abgesägt wurden? Mitnichten, vielleicht auch mitneffen, er ist ganz der Alte, wie ich lesen kann.

http://che2001.blogger.de/stories/615066


Aber eine gewisse Akzeptanz für das Saddam-Regime sei ja linker Mainstream. Tja, schade nur, dass die Linken, um die es hier geht, für Saddam ungefähr so viel übrig hatten wie Simon Wiesenthal für
Barbie. Da hat ein kleiner Junge, der gerne mit Panzern spielt, wohl nicht verstanden, was die Großen erzählen :-)

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https://netbitch1.twoday.net/stories/2980849/modTrackback

workingclasshero - 24. Nov, 23:10

Bitchielein, wundert Dich das? Da hat ein Panzergenerälchen (in echt wohl ausgemusterter Ladeschütze) nun weit danebengeschossen. Der Bamberger hat sich da ja eher bedeckt verhalten, weil er wohl weiß, dass das so nicht stimmig ist. Wenn die kurdischen und armenischen Freunde das lesen (Azad, Are, Nureddin), gibt es entweder großes Gelächter oder echten Zorn. Ein Neokonservativer, der Anti-Saddam-Aktivisten vorwirft, für Saddam zu sein, wie lächerlich :-)

darkrond - 24. Nov, 23:22

schöner kommentar. aber der smilie am ende ist nicht nötig.

workingclasshero - 26. Nov, 19:19

Nun, ich bin halt praktizierender Tautologe.
netbitch - 27. Nov, 12:31

Na, denn man tau.
darkrond - 28. Nov, 20:07

ups. ich meinte den beitrag. (aber beim kommentar passt es ja auch.)
Rayson - 28. Nov, 01:08

Es ist eine verbreitete Unsitte, sich diejenigen, die andere Meinungen äußern, so zurechtzubiegen, dass sie in das eigene 08/15-Standardschema passen. Ich bin ja auch Antiamerikaner, weil ich den Irakkrieg nicht für eine gute Idee hielt und halte. Obwohl ich das - not fishing for compliments here - sehr imperialistisch begründe. Aber was nicht passt, wird eben manchmal passend gemacht. Am besten, man ignoriert es oder nimmt es als Zeichen: Hier eine Diskussion zu beginnen, hieße Perlen vor die Säue zu werfen.

che2001 - 28. Nov, 13:43

NB, danke für diesen solidarischen (und für mich sehr schmeichelhaften) Beitrag. Dennoch, eine Kleinigkeit habe ich auch hier zu kritisieren: Das waren keine proirakischen, sondern pro-Saddam bzw. pro-arabisch-nationalistischen Veranstaltungen. Ich würde auch nicht von proserbisch sprechen, wenn jemand für Milosevic, Karacic oder andere Schlächter war. Niemand hat dem Irak so viel Schaden zugefügt wie Saddam, also war eigentlich der antiirakisch.

Rayson, ich habe schon meine Gründe, mich nicht auf eine Diskussion mit solchen Klischeereitern einzulassen.
netbitch - 29. Nov, 12:12

Ja, Che, da hst Du natürlich recht, alter Schulmeister, Du!
Rayson, in diesem speziellen Fall hieße es wohl, Perlen ins Sauerkraut zu legen, wo sie sich, man kennt das von einer ptolemäischen Königin mit schöner Nase, auflösen würden.
artur_zz - 28. Nov, 13:18

hach, ich LIEBE bekenntnisliteratur!

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