29
Apr
2012

Wieso?

Wieso sehen Peitschenstriemen im Film anders aus als in echt?

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Oldschool (Gast) - 30. Apr, 00:04

Pics...

...or it didn't happen!

bersarin (Gast) - 30. Apr, 14:15

Das Simulacrum des Realen

Hm, ich stelle mir gerade die Frage, ob ich Dir eine bildtheoretische Antwort geben soll oder eine eher phänomenologische Variante über den Aspekt der Körperlichkeit. Aber es bleiben diese Dinge in beiden Weisen naturgemäß in der Theorie und reichen nicht an die Praxis heran.

Aber ich mache es mal anders: Es kommt alles auf den Photographen an: Hätte ich diese Striemen, welche die Peitsche schlug, photographiert, sähen sie womöglich echter aus als die gerötete oder verletzte Haut. Beim Film dürfte das Problem ähnlich gelagert liegen: Es ist das Licht (sowie dessen Farbtemperatur) und ein wenig der Einsatz von Bearbeitungsfiltern, die den Realismus ausmachen. Zugleich: es stellt sich die Frage nach dem Bild und dem Original: die Frage des Simulacrums: wenn ein Bild echter wirkt als das Original. Ich entnehme diese Passagen Wikipedia:

„Nach Plinius soll Zeuxis im 5. Jh. v. Chr. Trauben auf einem Wandbild so täuschend echt gemalt haben, dass sie von Vögeln angepickt wurden. Sein Konkurrent Parrhasios malte daraufhin einen Schleier über verschiedene gemalte Gegenstände so naturalistisch, dass Zeuxis den Schleier beiseite schieben wollte, um die Malerei darunter besser betrachten zu können. Auch bei der in der Renaissance beliebten Scheinarchitektur handelt es sich um Trompe-l'œil-Effekte durch Perfektionierung der Wiedergabe von Licht und Schatten und der Perspektive.“

Es bleibt für den Theoretiker im Grandhotel Abgrund die Frage, was nun besser sei: das Original oder das Abbild?

_________________

Wenn ich zur documenta 13 in Kassel weile und die Kurhessische Therme besuchen sollte, werde ich sicherlich sehr auf die Rücken der dort anwesenden Frauen schauen. Eigentlich meide ich als reiner Geist den Wellnessbereich – aber hier könnte ich eine Ausnahme machen.

netbitch - 1. Mai, 23:02

Danke für diesen wunderbaren Beitrag, ich schreibe nur deshalb provokante Dinge, um solche tollen Einlassungen zu bekommen!

Der Anlass allerdings ist viel profaner: Im Kintopp, z.B. Meuterei auf der Bounty oder Die Wanderhure, sind Peitschenstriemen immer geradlinige Schrammen, die über den ganzen Rücken gehen. In der Praxis sehen die aber anders aus.
bersarin (Gast) - 3. Mai, 08:10

Jetzt hast Du es geschafft, daß ich rot geworden bin und verlegen. Danke aber, und ich lese diese Dinge bei Dir sehr gerne, und wenn sie mich inspirieren, so ist das auf alle Fälle ein guter Nebeneffekt.

Erst als ich meinen Text einstellte, merkte ich zu spät, daß Du sicherlich Spielfilme meintest.

Diese Auspeitschszene aus der „Meuterei“ erinnere ich noch gut. Die Differenz zum erotischen Moment liegt sicherlich in der Ausführung solcher Schläge. Ich muß allerdings sagen, daß ich mit diesen Praktiken keine Erfahrungen habe. Das höchste der Dinge war, daß ich Ende der 80er Jahre mit einer Frau in ein Geschäft für Reiterbedarf ging und wir oder eher: sie sich umschaute und kaufen wollte. Realisiert haben wir das dann aber nicht. Das fast schon Niedliche daran: sie trug (Ende der 80er!) teils noch weiße Frottéhöschen, was ich damals nicht wirklich erotisch fand.
netbitch - 3. Mai, 22:38

Frottéhöschen, hach wie süß! Bei mir sind die rot oder schwarz und aus Seide, oder Seide-Viskose-Mischung, halt halbseiden.


@"Die Differenz zum erotischen Moment liegt sicherlich in der Ausführung solcher Schläge." Ja nicht nur. Latürnich ist das ein existenzieller Unterschied, ob, wie Che das mal sehr treffend (hat in diesem Sinne ja eine Doppelbedeutung) ausdrückte diese Schläge in zärtlicher Absicht verabreicht werden oder in strafender, ob von einer dominanten Liebesperson oder von einem muskelbepackten Seemann, der es gewohnt ist, mit dem Entermesser Arme abzuhacken. Doch die Form der Striemen, unabhängig von ihrer Tiefe unterscheidet sich in echt halt von der filmischen Darstellung: Normalerweise sind das keine durchlaufend langen Streifen. Bei einer Snakewhip z.B. kippt der Knallriemen am Ende der Schnur um und verursacht eher punktförmige, mitunter auch flächige Verletzungen, bei einer Catwhip treffen die Schnüre eng parallel oder fächerförmig auf, aber nie nach dem Muster gleichmäßiger Streifen, die in Filmen zu sehen sind. Oder da müsste eine mir gänzlich unbekannte Schlagtechnik zugrundeliegen. Reit-und Dressurgerten hinterlassen eher Hämatome.


Die Wirkung einer erotischen Auspeitschung liegt auch in der Verabreichungsweise begründet. Es gibt da drei Phasen. Zunächst wird mit Floggern, Ruten oder Gerten relativ wenig kräftig geschlagen und damit die Durchblutung der Heckpartie gesteigert. Nach einer Pause kommen stärkere Hiebe mit ernster zu nehmenden Instrumenten, die Rücken, Hintern und Schenkel aufwärmen. Nach einer weiteren Pause wird dann mit einer schärferen Peitsche richtig vertrimmt, die Wunden sind dann aufgrund der Vorbehandlung aber nicht so schlimm, die Haut ist inzwischen darauf eingestellt, Blut fließt nur sehr selten.


Bei Straf-Auspeitschungen wird der unvorbereitete Rücken sofort mit aller Kraft geschlagen, was die Haut schnell aufspringen lässt und extrem schmerzhaft ist. Bei Leuten, die Hiebe genießen verheilen Striemen auch schneller oder werden gar nicht erst zu tatsächlichen Wunden.


Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass ich keine BDMSerin im engen Sinne bin. Ich genieße es, gefesselt und ausgeliefert zu sein, genieße nach obig dargestelltem Ritual verabreichte Schläge, genieße es auch, mit heißem Wachs überschüttet oder dem Busenbrenner leicht angesengt zu werden, habe selbst Quälnadeln gern (Präpariernadeln, die ins Fleisch gesteckt und mit dem Feuerzeug heiß gemacht werden), zahle das meinem Gespielen auch gerne heim, aber das alles ist nur ein sehr langes Vorspiel zu wildem genitalen Sex. Die SM-Leute im engen Sinne haben den eher selten, Gäste von Dominas nie.
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