20
Jun
2010

Ohne Schonung

Über den Flurfunk bekam ich mal wieder mit, was über mich so geflüstert wird - nein, nicht eigentlich geflüstert, sondern in meiner Abwesenheit getratscht. "Die S., die geht doch in Swingerclubs, praktiziert SM, und dabei ist sie eine Führungskraft und sollte Vorbild sein!" "Die ist doch wirklich schön, DAS hätte sie nicht nötig!" "Wieso ist die überhaupt mit einer verkrachten Existenz liiert, die könnte doch einen Chef haben!" "So mit an die 40 müsste die doch mal unter der Haube sein, irgendwas stimmt da nicht." "Na ja, das liegt wohl daran, dass sie auf perverse Sachen abfährt, so eine Frau nimmt niemand richtig ernst."

Abgesehen davon, dass ich noch nie einen Swingerclub von innen gesehen habe und nicht einmal weiß, ob und wo es in Kassel einen gibt und auch nur auf Haue für ihn&und mich als erweitertes Vorspiel, nicht aber auf SM in der ganzen damit zusammenhängenden Komplexität, die die Spießer sich nicht mal vorstellen können, aber nicht mein Ding ist stehe sehe ich meine Vorbildfunktion ja mal mehr darin, Menschen zu unspießigen Dingen und Erweiterungen des Erlebnishorizontes zu stimulieren, nicht als Normalisierungsinstanz. Mein Liebster ist ein wahrer Lebenskünstler, unser Flurprogrammierersekretärinnenlebenderanrufbeantworterbereich lebt scharweinlich gar nicht wirklich, sondern ist eher so eine Art Kafkauniversum. Und Chefchen nimmt mich sehr ernst, weil ich die bin, die ich bin, und die Lästerer sind z.T. meine Untergebenen. Die Haube, unter der ich nicht bin, ist die preußische Pickelhaube. Sollen sie Pickel kriegen, während ich mein Programm durchziehe. Niemand von denen dürfte so viel Spaß am Leben haben wie ich selber. Warum sollte ich das Lästerpack, das ich gut behandle, eigentlich weiter schonen? (Ein paar von denen lesen das)

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steppenhund - 21. Jun, 00:26

Da passt doch einer meiner Lieblingssprüche:
"Die vielen Hack'ln, dich mich ins Kreuz hätten treffen sollen, haben mich nur deswegen verfehlt, weil ich so oft im Fettnäpfchen ausgerutscht bin."

che2001 - 21. Jun, 12:21

Biete ihnen doch einen Lagerurlaub an;-

che2001 - 21. Jun, 12:26

Es gibt übrigens keine blödere Zurechtweisung als "Das scheinst Du ja nötig zu haben", "Das hast Du doch gar nicht nötig" oder "hast Du das echt nötig?", weil das nämlich zur Voraussetzung hat, dass Andere meinen, selber besser über die eigenen Bedürfnisse Bescheid zu wissen als man selbst.
creature - 21. Jun, 12:35

führungskräfte und vorbild,
das ich nicht lache über diese vorstellungen die leute haben...;)

kannst dir ja ein bild der mutter gottes über den schreibtisch hängen, und alles wird gut.

netbitch - 21. Jun, 23:32

Ja, das isses ja: Das Frauenbild dieser Gesellschaft scheint im Zentrum noch immer nach der Maria Immaculata gestrickt zu sein. Frauen sind gut, mitfühlend und unschuldig, oder sie sind das, funktionieren im Bett aber außerdem als willige Gefährtinnen, oder sie sind das nicht und dann wahlweise Huren, Schlampen oder projizierte Dominas. Dass ich eine sexuell aggressive Frau bin, die zwischen superzart und extrem hart unterschiedlichste Formen des lustvollen Miteinanders toll findet wird in meiner Lebenswelt nur von meinem Partner - ein wirklich in jeder Beziehung kultivierter, der Herkunft nach sehr proletarischer Mann - meinem Chef - der mich liebt und mit dem ich mal was hatte, ich hatte auf den Weg des mich nach oben vögelns der mir offen stand verzichtet, und genau dafür achtet er mich - von Che, mit dem ich ein paar supergute völlig enthemmte Begegnungen hatte und der mich seitdem anbetet, was aber zu nix führt und von meinen Bloglesern geachtet. Sonst haben Leute Schwierigkeiten damit, dass ich so bin, wie ich bin. Und ich finde mich normal und die Gesellschaft draußen ziemlich strange. Wieso akzeptiert die Welt als Solche nicht, dass ich eine linksradikale Führungskraft mit bunten Sexualpraktiken, ausgeprägtem schrägen Humor und luxuriösem Lebenswandel bin? Bin ich so schlimm? Das passt weder in linke noch in liberale noch in rechte Wahrnehmungsmuster, in feministische schon gar nie.
che2001 - 22. Jun, 23:55

Ja so als der, der Dich anbetet haue ich Dich dann mal vom Sockel: Nö, ich bete Dich nicht an, ich liebe Dich weiterhin, auch wenn ich weiß, dass nichts draus wird. Ich kenne Deine Schwächen und würde sie ausnutzen, wenn ich denn die Gelegenheit dazu hätte. Allem, was Du über Deine Außenwirkung schreibst würde ich zustimmen, bis auf eins: Es ist weder Deine durchaus vorhandene Schönheit noch Dein Anderssein, das Kerle irritiert, sondern die Tatsache, dass Du völlig souverän damit umgehst, einerseits eine Femme Fatale und andererseits eine linke Feministin zu sein. Nun, vielleicht ist das ein Anderssein, aber für mich fällt vor allem der Widerspruch zum Normaloleben auf: Die Sportwagen fahrende Marketingmanagerin mit radikal linken Standpunkten, feministischer Gesinnung, Riot-Girl-Hintergrund, Verankerung in der linken Szene und Drähten zum Establishment. Die Mischung machts. Die Faszination, die von Dir ausgeht, hängt vor allem damit zusammen, dass solche Leute Unikate sind. Leider, muss ich sagen. Früher gab es mehr davon.
netbitch - 24. Jun, 15:14

Ja da wird ja auch backgelasht und gerollbackt bis zur Anschlagskante. Die Achtziger und Frühneunziger waren da vergleichsweise selige Zeiten.
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