11
Feb
2014

Wenn schon öffentlich, dann richtig

Also gut. Die Verführung der süßen Netzschlampe durch den schlimmen Che
Ich hatte den Che in Göttinger Szenezusammenhängen kennengelernt, wo von Anfang arschklar war, dass er auf mich scharf war. Bei unserer ersten Begegnung ging er auf einer Antira-Demo hinter mir und guckte mich, die ich knapp bekleidet war, so an, wie es halt ein Tüp tut, der es auf eine Frau abgesehen hat. Ich drehte mich um und grinste ihn an, er grinste zurück. Weiter war nix. Ein paar Wochen später, im T-Keller, trafen wir uns am Brennelementeautomaten, da sprach ich ihn an, was denn dieser geile Blick bedeutet hätte, ob er in mich verliebt wäre oder so. Da antwortete er: "Du bist einfach nur schön!" Ein so direktes Kompliment war in dieser Szene äußerst ungewöhnlich, ich fühlte mich halb geschmeichelt und halb verunsichert und entgegnete: "Gut, wenn das so ist, hast Du meine offizielle Genehmigung, mich weiterhin anzuschauen."


Weiter passierte erstmal nichts. Ich erlebte ihn in Szenezusammenhängen als einen sehr rationalen, theorifixierten Mann, der unheimlich viel redete, tolle Positionen ausformulierte und offensichtlich mit dem inner circle der Theorie-Hardcore-Autonomen (also Materialien für einen neuen Antiimperialismus, Wildcat und so) viel zu tun hatte. Leuchtendes Vorbild in der Theorie, im real life kaum Berührung.

Einige Jahre später, ich wohnte schon in Kassel, rief er mich an, ob er bei mir übernachten könne, er hätte in Kassel was zu bestellen. Nun ist es in diesen Szenezusammenhängen eine Selbstverständlichkeit, dass GenossInnen bei allen Leuten, die ins eigene Lager gehören übernachten können, also willigte ich ein. Er pennte dann bei mir, ging zu dem Treffen und kam spät abends zurück. Da küsste er mich erst auf die eine Wange und dann auf die andere, er wollte mich auch auf den Mund küssen, das wollte ich nicht, er tat das dann aber doch, und zwar mit einem Zungenkuss. Da war ich zwiegespalten: Wollte ich das zulassen oder nicht? Eigentlich fand ich den schnuckelig und süß, andererseits abweisend und übercool -wie sich später herausstellte, hatte er frühere Flirtversuche von mir gar nicht erst wahrgenommen, aber die anfängliche Begegnung auf der Demo in seinem Freundeskreis erzählt, ich hieß da die "Grinsefrau" und seine Kumpels meinten, wenn ich wüsste, was er von mir wollte, hätte ich ihn bei den Eiern, aber genau da wollte er mich ja auch haben.


Nun ja, ich akzeptierte den Zungenkuss, wir gingen weiter in mein Schlafzimmer -besser gesagt, ich ging rückwärts, er folgte mir oder trieb mich, den Unterschied erkenne ich nicht mehr, zog mir erst mein Hemd und dann noch ziemlich viel Anderes aus und fiel über mich her. Nicht, dass ich mich dagegen gewehrt hätte, meine unteren Erlebnisorgane waren klitschenass nach dem Zungenkuss, das Kratzen seiner Fingernägel auf meinem Rücken, speziell entlang meiner Wirbelsäule, da kann ich Che allen Frauen weiterempfehlen, dass er das sehr gut macht, das alles changede meinen state of mind, nach den Erfahrungen, die ich kurz zuvor in linken Szenekreisen gehabt hatte "darf ich da jetzt anfassen" usw. fand ich es echt toll, einfach genommen zu werden, und Che hat mich echt erstlkassig gefickt. Aber seine Selbstinszenierung in der Bloggosphäre von wegen keine Frau will ihn und so weiter nehme ich ihm nicht so richtig ab, deswegen.

6
Feb
2014

Che und seine Amouren-köstliches im Oktember

Hihihi! Was hab ich gegrölt. Was einem mir nahen Mitblogger da passierte hat echt hohen Unterhaltungswert, und ich frag mich gerade, ob ich da mal eigene Erlebnisse einbringen sollte. Einbringen und eindringen und so, dringlich mit Bringschuld, dinglich mit Dringkult....

http://che2001.blogger.de/stories/2372934

23
Jan
2014

Unglaublich! Dorfrat verhängt Gruppenvergewaltigung als Strafe

Eine Freundin, die sich damit auskennt, die Orientalistik und vergleichende Religionswissenschaft studiert hat sagte einmal, der Hinduismus sei in seiner massenwirksamen Alltagspraxis viel frauenfeindlicher als die gesellschaftsmächtigen Hauptströmungen des Islam. Dafür erscheinen die furchtbaren Vergewaltigungsfälle in Indien, die in der jüngsten Vergangenheit publik wurden symptomatisch - das hier toppt dann allerdings alles:


https://www.gmx.net/themen/nachrichten/panorama/76b1fb8-gruppenvergewaltigung-indien-dorfrat-beschlossen

14
Jan
2014

28
Dez
2013

Ein alternatives Wohnprojekt für 2014

Mindestens so wichtig wie Flora bleibt: 2014 ziehen Chodorkowski, Assange und Snowden in eine gemeinsame Männer-WG in der Schweiz;-)

17
Dez
2013

Wie kann denn jemand so Panne sein?

In der Antike wurden SklavInnen, aber nur die Untersten von denen, diejenigen, die nach ihrem Ableben nicht im Familiegrab der Herren, dem Friedhof der Gladiatorenschule oder dem Sklavenfriedhof bestattet wurden, sondern in die Müllgrube geschmissen wurden mit Brandzeichen markiert, die die Zugehörigkeit zu einem Bergwerk, einer Tongrube, einem Straßenbautrupp oder einer ähnlichen Menschenverschleißanstalt bezeichneten und bei Flucht die schnelle Rückführung inklusive Geißelung bewirken sollten. Mitarbeiter von Werbeagenturen scheinen mittlerweile von sich aus ein vergleichbares Dienstverständnis aufgebaut zu haben.

http://www.wuv.de/agenturen/serviceplan_tiefe_liebe_eines_mitarbeiters

13
Dez
2013

Mir sooo aus dem Herz gesprochen

Eine feministische Distanzierung vom So-called "Netzfeminismus".

http://www.donnerhallen.de/2013/12/08/meine-fernbeziehung-zum-netzfeminismus/

9
Dez
2013

Zu Assange, den Vergewaltigungsvorwürfen und der Rudelbildung im Netz

Der Don bringt es hier gut auf den Punkt

http://rebellmarkt.blogger.de/stories/2352051


die Kadda ebenso.


http://blog.katrin-roenicke.net/?p=2731

Ich habe wirklich nullkommanix Verständnis für Vergewaltiger, und ich habe selbst bei "Vergewaltiger wir kriegen euch" mitgemacht. Das war eine Einschüchterungskampagne, das war in Teilen Selbstjustiz, und das war richtig so. Die männlich dominierte Justiz viktimisierte ja die Opfer ein zweites Mal.

Imho, das ist heute anders, und in Schweden war es schon immer anders. Es gibt bei jedem Verbrechen eine Unschuldsvermutung, und es gibt den Grundsatz in dubio pro reo. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Definitionsmacht darüber was eine Vergewaltigung ist beim Opfer zu liegen hat, dies aber innerhalb bestimmter Grenzen. Ich bin selbst schonmal von einem Tüpen, von dem ich eigentlich nichts wollte auf die harte Tour genommen worden, das war keine Vergewaltigung, eher eine Verführung im Grauzonenbereich, verbunden mit Sex der Marke quick and dirty, aber benutzt gefühlt hatte ich mich da sehr wohl - wobei selbst das nicht immer schlimm sein muss. Auch assymetrische Unterwerfung kann ja lustbringend sein. Andererseits: Hätte ich keinen Spaß gehabt, in der Umgebung, in der ich mich damals bewegte hätte es in solch einem Fall sehr leicht zu einem Vergewaltigungsvorwurf gereicht.

Aus linken Szenen kenne ich es ja zuhauf, dass mit Vergewaltigungsvorwürfen ein Malefizbrimborium, ein fürchterbares Gebimse und Gefantel gemacht wird.

Da gab es eine Frau, die auf einer Party einen Mann kennenlernt und mit dem noch in der gleichen Nacht Sex hatte. Der nagelte sie nicht sehr gefühlvoll durch und sie meinte hinterher, das nächste Mal sollte er bitte zärtlicher sein. Er erwiderte, es würde kein nächstes Mal geben, das sei ein reiner ONS gewesen. Da das Politische privat und das Private politisch ist kam die Sache vor ein Plenum. Auf diesem Plenum erklärte eine andere Frau, dass ihr im Plenum anwesender Tüp sich am Anblick seiner scheinbar, aber nur scheinbar schlafenden Freundin einen runtergeholt hatte, dass sie das problematisch fände und dass das auch im Plenum thematisiert gehöre. Das Plenum beschloss, dass eine Männergruppe gebildet werden sollte, die beide Männer zu therapieren hätte. Als die sich weigerten, sich therapieren zu lassen entstand erst der Vergewaltigungsvorwurf. Er wurde strategisch aus dem Hut gezaubert, als die Kerlinger ihre Therapieunwilligkeit äußerten. Die wurden dann geoutet mit resultierenden unbefristeten Hausverboten in sämtlichen linken Zentren, Kneipen und Buchläden. In einem anderen Fall wurde die Definitionsmacht so inflationär gedehnt, dass jemand als Vergewaltiger geoutet wurde, wo gar kein Geschlechtsverkehr stattgefunden hatte. Es begab sich auch schon, dass nicht Vergewaltigungs- sondern sexuelle-Belästigungs-Vorwürfe gegen Musiker ins Spiel gebracht wurden (mit dem Resultat Auftrittsverbot), wo es eigentlich um den Verteilungskampf um Probenräume ging, eiskalt instrumental.

In der gleichen Szene wurde eine toughe, coole, große und kräftige Frau mit forschem Mundwerk von nem Kerlinger bewusstlos geschlagen und geschändet (der Ausdruck passt hier mal würglich). Das hat ihr niemand geglaubt, der Tüp stand so oben in der offiziell inexisten Hierarchie der Szene, dass sie keine Chance hatte, Gehör zu finden, im Geigentiel, ihr ganzer Habitus wurde zum Argument gemacht, dass das sehr unwahrscheinlich sei, einer Frau wie ihr passiere das nicht.

Als die ersten Vergewaltigungen in linken Zusammenhängen bekanntgeworden war hatte es sich bei den Tätern um Schlägertypen gehandelt, denen jedeR so etwas zugetraut hätte.Von da an gab es eine Kampagne "Brecht das Schweigen über Vergewaltigung", deren Anliegen hervorragend war, deren späterer Verlauf aber fast den Charakter eines Wetteiferns zwischen unterschiedlichen Stadtszenen annahm (Berlin, Freiburg, Bremen, Mannheim, da sind Fälle bekanntgeworden, jetzt müssen aber Gießen, Marburg und Kassel nachziehen, so in der Art).


Mit solchen Erinnerungen im Hinterkopf und der Tatsache, dass es bei Assange um die strategische Dimension geht, dass er bei einer Inhaftierung in Schweden hochwahrscheinlich an die US and A ausgeliefert würde möchte ich einfach vor Vorverurteilungen warnen.



Andererseits verstört aber auch die Verve, mit der Hacker und CCCler gegen die Feministinnen dissen, die einen öffentlichen Auftritt Assanges verhindern wollen. Und im Unterschied zur Argumentation von Kadda reduziere ich die Motivationslage da nicht auf die Wahrnehmung von Assange als "Helden". Dazu hat es einfach schon zu viel aus der Ecke gegeben. Dieser Danischer oder wie der hieß mit seinen nerdcorigen Kannitverstan-Texten, dieser Kerl mit dem geschmacklosen Video, in dem die Mädchenmannschaft mit Hitlers-Führerbunker-Truppe verglichen wurde usw. Da scheinen echte Frauenhasser unterwegs zu sein. Ich werde jetzt mal politisch unkorrekt ausfallend: Liegt das daran, dass das überwiegend picklige Nerds sind, die keine attraktive Frau abgekriegt haben und nie abkriegen werden, und haben die Schwierigkeiten mit Feminismus, weil sie generell Schwierigkeiten mit Frauen haben? Die nicht wissen, wie mit Frauen umzugehen ist, weil sie keine Betriebsanleitung dazu gefunden haben?

25
Nov
2013

24
Nov
2013

Ein Lied, zwei drei

Zur Melodie des Lieds von der Partei:

Die Moral, die Moral, die hat immer Recht....

Ich kann mich lebhaft daran erinnern, dass in den Neunzigern das Thema "Sexismus in der Musik" in der Linken zu regelrechten Hexenjagden führte. Ein Scorpions-Cover, das eine spärlich bekleidete Frau und einen Mann in schwarzer Lederkluft zeigte, die sich knutschend in den Armen lagen bot Anlass zu einem Boykottaufruf gegen diese Band, Zitate aus Songtexten von IceT durften grundsätzlich in linken Szenepublikationen nirgendwo gedruckt werden, weil der mit "Evil Dick" sich zum schlimmsten Sexisten der Musik überhaupt qualifiziert haben sollte, und mit Sexismusvorwürfen bis hin zur versuchten Vergewaltigung versuchten manche Punkbands andere aus Jugendzentren zu kicken, wobei es eigentlich um einen Verdrängungswettbewerb um den Zugang zu Proberäumen und Auftrittsmöglichkeiten ging. Ich erinnere mich daran, dass DJs eine freiwillige Vorzensur praktizierten, bevor sie bei Szeneparties auflegten, dass beim Spielen von "Skandal um Rosi" die Bühne gestürmt und die Verstärker abgedreht wurden und dass es so eine Art Gesellschaftsspiel war, dass auf gewissen Feten Schwestern die Plattenschränke von Kerlingern durchmusterten und diese bei bestimmten, für nicht PC gehaltenen Titeln aufforderten, sich zu rechtfertigen. Die Sexismusdebatten, die darum geführt wurden hatten etwas von Moraltheologie. Die Zensur als zentraler Zugang zur Musik in einer sich selbst als libertär bezeichnenden Szene.

Nicht nur Musik: Schlüsselerlebnis in meinem ersten Semester in Göttingen war die Tatsache, dass eine freie Kinoinitiative den Film "Puppenmord" zeigte und dafür mit einer aufgeblasenen Sexpuppe warb, was ja auch zum Thema der Komödie passt. Prompt wurde zum Boykott des Films aufgerufen und die Puppe zerstört. Mit dem Vokabular der 19 Jährigen aus der Provinz rief ich den Genossinnen die das taten "Ihr Trottel!" ins Gesicht, mich systematisch mit der linken Moralisierung vopn Sexualität auseinanderszusetzen war ich damals noch nicht in der Lage, später umso mehr. Meine Selbstinszenierung als bekennende Schlampe hängt mit dem Verbotsfeminismus jener Jugendjahre zusammen.

Heute, fast 20 Jahre später ist es halt das Thema Rassismus bzw. Critical Whiteness. Als Antirassistin verstehe ich mich weißgöttin ganz entschieden. Aber wenn in einer Welt, in der Tausende Refugees im Mittelmeer versaufen das Wumbaba-Buch, die Tatsache, dass für die Besetzung einer Rolle eines Schwarzen kein schwarzer Schauspieler eigens engagiert wird sondern ein Weißer sich schminkt (was übrigens mit Black Face überhaupt nichts zu tun hat - Black Face meint das ostentativ sich über Schwarze belustigen und Schwarzenklischees dreschen, keine Frage der Rollenbesetzung) oder ein CD-Cover Hauptpthema des Anstoßes sind, dann kann ich nur sagen: Die spinnen, die Moralischen. Das taten sie schon immer. Es wird ein Lachen sein, das sie beerdigt.

Ach ja: Der gerade mal inkriminierte Begriff "Mohr" meint mitnichten und auch nicht mitneffen einen schwarzen Sklaven und ist auch nicht mit von Vornherein diskriminierender Absicht gebraucht, sondern bezeichnete ursprünglich muslimische NordafrikanerInnen berberischer Herkunft ("Mauren") und war wenn nicht respektvoll so zumindest wertneutral. Othello, der Mohr von Venedig, war kein schwarzer Sklave, sondern ein als Admiral die venezianische Flotte befehligender ehemaliger Berberpirat von adligem Rang. Das mal zur Geschichtsvergessenheit gewisser Leute.

3
Nov
2013

Erstis gucken

Die Stadt ist voll mit Erstsemestern. Obwohl das bei mir gut 20 Jahre her ist kann ich mich noch gut an meine Anfänge an der Uni erinnern und fühle mich auch noch studentischen Lebensformen nahe - nein, damit meine ich nicht das, was ein bestimmter Typus Dominanz ausstrahlender alten Säcke mit "studentischem Leben" meint, also den ganzen Verbindungswix, sondern schon WGs, bunte Parties, linke Zirkel, Frauencafés. Mir ist das alles immer noch näher als die Familienbiederkeit. Wenn ich mir die jungen folks so angucke frage ich mich allerdings, ob wir je so waren wie die. Sind ja halbe Kinder, großenteils. Die Tatsache, dass die in der 12 Abi machen und die Kerlinger nicht mehr dienen müssen (das männliche Erstsemester war zu meiner Zeit im Durchschnitt 22, jetzt sind die 18) hat da wohl etwas verschoben. Andererseits fehlt da die kreative Muße, die wir im Studium noch hatten. Ein Bachelor-Studium hat mit einer höheren Berufsschule mehr gemein als der Freiraum-fürs-Leben-Uni, die ich noch kannte.


Aber niedlich sind sie, die Schnuckel.

30
Okt
2013

Ja gruezi wohl, Heidi, heite chanz nabelfrei?

Witzige Guerrilla-Marketing-Aktion für schnelles Internet im langsamsten Land der Welt.


http://www.wuv.de/kampagnen/kreation_des_tages/guerilla_in_der_schweiz_alpen_techno_fuer_schnelles_internet

14
Okt
2013

Auch im Bierzelt gelten Menschenrechte Der lange Abschied von der Sozialpolitik nach Hausherren-Art

Das Landessozialgericht NRW hat einer vierköpfigen rumänischen Familie Anspruch auf Hartz IV zugesprochen. Nach einer Spiegel Online Meldung kochte die Leserschaft. Den Boden dafür bereitete der bislang noch für Integrationsfragen zuständige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich.
Der lange Abschied von der Sozialpolitik nach Hausherren-Art

Von Claudius Voigt
Der Verfasser ist Diplom-Sozialarbeiter und arbeitet seit 2004 bei der GGUA Flüchtlingshilfe e. V. in Münster. Seine Aufgabe ist dort unter anderem, Fortbildungen für Mitarbeitende von Beratungseinrichtungen und Jobcentern zum Aufenthalts- und Sozialrecht für Unionsbürger_innen durchzuführen. Claudius Voigt sagt: "Die Rechtslage in Deutschland führt für viele Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zu sozialem Elend: Menschen aus Bulgarien und Rumänien erhalten oft keine Arbeitserlaubnis und kein Arbeitslosengeld 2. Dies verhindert nicht nur Integration sondern ist für einen sozialen Rechtsstaat mitten in Europa ein Armutszeugnis."





Die deutsche Volksseele kocht. Innerhalb einer Stunde beteiligen sich fast 150 Kommentator_innen an der Diskussion im Forum bei Spiegel Online. Wobei „Diskussion“ wohl nicht der richtige Begriff sein dürfte: Bis auf ganz wenige Ausnahmen lassen sich fast alle Kommentare exemplarisch unter diesem zusammen fassen: „Welcher Richter hat diese Entscheidung verbrochen? Er sollte des Landesverrats angeklagt werden. Wenn das tatsächlich durchgehen sollte, ist das der Anfang vom Ende unseres Sozialstaats.“
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Was war geschehen? Ist in einem skandalösen Gerichtsurteil noch weiter gehende Sanktionierung, Bevormundung und Ausgrenzung von Hartz-IV-Bezieher_innen für zulässig erklärt worden? Sollen die verbliebenen Reste des Sozialstaat etwa noch skrupelloser zusammen gestutzt werden? Nein. Der Auslöser für die Ereiferungen und das Gekeife des Spiegel lesenden Bildungsbürgertums war folgende Überschrift:

„EU-Einwanderer in Deutschland: Gericht spricht rumänischer Familie Hartz IV zu“

Das Landessozialgericht NRW hatte am Donnerstag für eine vierköpfigen Familie aus Gelsenkirchen, die während eines längeren Zeitraums erfolgloser Arbeitsuche nur vom Kindergeld und dem Verkauf der Obdachlosenzeitung überlebt hatte, einen Anspruch auf die staatliche Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Form von Arbeitslosengeld II festgestellt.

Eine solche Meldung führt im Deutschland des Jahres 2013 ganz offensichtlich noch immer zu derartigen, aus mehr oder minder unterschwelligem Rassismus gespeisten Neidreflexen, dass sich die Spiegel Online Redaktion entschloss, die Diskussion innerhalb eines Tages zu schließen. Das war vermutlich eine gute Entscheidung. Kostprobe gefällig? „Die kriegen’s nachgeworfen. Als Putzfrau oder -mann zu arbeiten, die viele ältere Mitbürger dringend bräuchten, und wofür sie wohl qualifiziert genug wären, haben sie nun nicht mehr nötig.“

Ganz offensichtlich hat die herrschende Strategie der letzten Jahre, Abstiegsängste in der Mittelschicht zu schüren und die Unterschicht gleichzeitig vollständig zu sedieren, so gut funktioniert, dass nun keineswegs die Tatsache einer auseinander driftenden Gesellschaft, der Abbau sozialer Leistungsstandards, die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben als Ursachen im Zentrum der Kritik stehen.

Sondern schuld sind diejenigen am unteren Ende der Verteilungskette: Moderne Lohnsklaven aus Osteuropa dürfen zwar gern im Schlacht-Imperium des Schalke-Chefs Tönnies Schweine zerlegen, so dass das Kilo Hackfleisch bei Lidl für 2,99 € zu haben ist. Sie dürfen zwar gern – mit andersfarbigen Helmen ausgestattet – in der Meyer-Werft in Papenburg Luxusliner für gut betuchte deutsche Pensionäre zusammenschweißen. Aber soziale Rechte sollen sie gefälligst nicht einfordern, wenn es mit der Arbeit nicht klappt. Ein menschenwürdiges Existenzminimum soll ihnen nicht zuteil werden – denn dafür gibt es ja Suppenküchen und Armeinspeisungen.

Der bislang noch für Integrationsfragen zuständige Bundesinnenminister Friedrich hat seit vielen Monaten beständig den Boden bereitet, auf dem eine solche – koloniale – Auffassung von Europäischer Union wachsen und gedeihen konnte. Das Recht auf Freizügigkeit sei „nicht dazu gedacht, dass Menschen in Scharen das Land wechseln, nur um höhere Sozialleistungen zu bekommen“, polterte er in der vergangenen Woche. Daraufhin konnte selbst EU-Justizkommissarin Viviane Reding laut FAZ nicht mehr ganz diplomatisch bleiben: „Der deutsche Minister Friedrich, manchmal macht der so Bierzeltaussagen.“

Und Sozialkommissar László Andor stellte auf die Frage des Spiegel nach dem von Friedrich aufgeblasenen Problem des „Missbrauchs“ von Sozialleistungen durch EU-Bürger_innen schlicht und treffend klar: „Es ist nicht die Aufgabe des Innenministers, sich um solche Fragen zu kümmern. Dafür gibt es eine Arbeits- und Sozialministerin.“

Stimmt. Aber was trägt Frau von der Leyen eigentlich zur Debatte bei? Die Antwort lautet: Nichts. Die ihr untergebene Bundesagentur für Arbeit nannte das oben genannte Urteil „grundsätzlich erst mal eine Einzelfallentscheidung, wir warten die schriftliche Begründung ab.“

Diese Haltung lässt sich aus zwei Gründen getrost als ignorant bezeichnen:

Zum einen ist seit langem erkennbar, dass die deutschen Regelungen des SGB II nicht mit europäischen Vorschriften übereinstimmen. Während das deutsche Recht arbeitsuchende EU-Bürger_innen von den Leistungen ausschließt, verbietet das EU-Recht eine Schlechterstellung von EU-Bürger_innen ausdrücklich. Immer mehr Gerichte entscheiden in den letzten Jahren klar in diesem Sinne. Der bundesweit bekannte Richter am Landessozialgericht Hessen, Frank Schreiber, sagt: „Das Problem ist, dass in den Durchführungsanweisungen, die den Mitarbeitern im Job-Center vorliegen, nicht auf Europarecht hingewiesen wird. Die deutschen Job-Center verweigern daher regelmäßig rechtswidrig Leistungen für EU-Bürger.”

Es wäre eindeutig Frau von der Leyens Aufgabe, für eine europarechtskonforme Anwendung der deutschen Regelungen zum Arbeitslosengeld II zu sorgen – und Unionsbürger_innen die Inanspruchnahme von Hartz IV in den meisten Fällen zu ermöglichen. Statt einer Klarstellung sitzt das Arbeits- und Sozialministerium das Problem aus.

Zum anderen – und dies ist noch viel wichtiger – ist es die vornehmste Aufgabe der Bundesregierung, die Verfassung einzuhalten. Und diese beinhaltet mit Art. 1 und Art. 20 GG den Anspruch eines jeden Menschen in Deutschland auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli vergangenen Jahres sehr deutlich festgestellt, dass dieser Anspruch als Menschenrecht auch für alle in Deutschland lebenden Ausländer_innen – unabhängig vom Status und dem Grund des Aufenthalts – zu gewährleisten ist:

„Ausländische Staatsangehörige verlieren den Geltungsanspruch als soziale Individuen nicht dadurch, dass sie ihre Heimat verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf Dauer aufhalten. (…) Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“

Dieser Auftrag der Verfassung wird gegenwärtig insbesondere bezogen auf Unionsbürger_innen systematisch ignoriert. Leider ist nicht erkennbar, dass die Bundesregierung gewillt ist, diesen unhaltbaren Zustand von sich aus zu ändern; wie so oft muss sie wohl erst durch die Gerichte dazu gezwungen werden.

Abgesehen von allen rechtlichen Debatten steht über allem allerdings auch noch eine ganz grundsätzliche Frage: Wie wollen „wir“ (wobei die Frage ist, wer „wir“ eigentlich ist) die Zugangsmöglichkeiten zu nationalen Systemen sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe in Zeiten der Globalisierung und „Entgrenzung“ zukünftig gestalten? Die klassische Antwort in Form einer Zugangs- und Teilhabepolitik nach „Hausherren-Art“ getreu dem Motto: „Die waren nicht zur Party eingeladen, dann bekommen sie auch nichts vom Buffet, sondern dürfen allenfalls das Geschirr abwaschen (bzw. die Schweine für das Festmahl schlachten)“ jedenfalls ist anachronistisch und eines modernen Gesellschaftsverständnisses gänzlich unangemessen.

Oder, um es mit Prof. Thorsten Kingreen, Verwaltungsrechtler an der Uni Regensburg, etwas wissenschaftlicher auszudrücken:

„Sozialrechtliche Zugehörigkeit emanzipiert sich von den formalen staatsrechtlichen Kategorien, die für die Frage, was ein Mensch für die Sicherung seiner Existenz benötigt, ohnehin niemals Bedeutung hatte. Normen, die Ausländer beim Bezug existenzsichernder Leistungen gleichwohl nach wie vor gegenüber Inländern benachteiligen, sind allenfalls noch Ausdruck symbolischer Sozialpolitik, die suggeriert, man könne das Sozialsystem durch Leistungsbeschränkungen zu Lasten einzelner gesellschaftlicher Gruppen sanieren. Als Signal an die Betroffenen, nicht dazuzugehören, ist sie integrationspolitisch indes eher kontraproduktiv.“1

Leider ist nicht zu erkennen, dass das aktuell für derartige Fragen zuständige politische Personal der Bundesregierung über das notwendige Problembewusstsein verfügt. Die Antworten werden sich daher wohl leider weiterhin auf dem Bierzeltniveau der Forderung nach Einführung einer „Ausländermaut“ bewegen.

Kick these fucking bastards! Vielleicht wäre ja mal eine Abschiebung teutscher Sozial-und AsylpolitikerInnen in die Innere Mongolei, nach Burundi oder nach Hinterkannitverstan angesagt, oder nach Hundindenschneegeschisnogorsk. Und den potenziellen Lynchmob gleich mit. Liebe MigrantInnen, lasst uns nicht mit den Deutschen allein.

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

Hat der vielleicht einfach nur eiin bißchen zu viel "Borgia" geguckt. Frühermals waren solche Lebensgewohnheiten beim Klerikadel ja mal normal.

1
Okt
2013

Eine Zeitungsanzeige

"Linke WG, vegan, 2 Personen weiblich und eine männlich gelesen, eine negativ von Rassismus beeinflusst, sucht diskussionsfreudige/n MitbewohnerIn *".


Bei dem Sprachduktus hätte ich fast Lust, da spaßeshaber einzuziehen und rauchend, saufend, fleischessend und schmutzige Wörter sagend die Sensibelchen zur Verzweiflung zu treiben. Eine neue Variante von SM;-)
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