13
Dez
2005

China in Piraterie vorn

Neun von zehn Computerprogrammen in China sind gefälscht oder raubkopiert, 53 Prozent aller Programme wurden illegal aus dem Internet heruntergeladen. Insgesamt wurden Schäden in Milliardenhöhe verursacht, weil China nicht in der Lage ist, den Forderungen Hongkongs nach härteren Pirateriekontrollen, die Bestandteil des Beitritssvertrages waren, irgendwie nachzukommen. Eine Studie der Business Software Alliance kommt zu dem Schluss, dass die Eindämmung der Software-Piraterei um zehn Prozent für 2,4 Millionen neue Arbeitsplätze und 67 Milliarden Dollar zusätzlicher Steuereinnahmen weltweit sorgen könnte.

http://www.bsa.org/hongkong/press/

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https://netbitch1.twoday.net/stories/1268544/modTrackback

che2001 - 13. Dez, 16:58

Kolumne?

Hmm. Am 13. November ein "China ist groß und mächtig"-Beitrag, am 13. Dezember das hier? Soll das *****s monatliche China-Kolumne werden?

nickpol - 14. Dez, 12:07

China als ehemaliges Entwicklungsland, und in bestimmten Bereichen ist es das noch, hat deutlich zu sehen bekommen, was es heißt auf die Almosen des Westen zu warten. Also hat man sich frühzeitig das genommen, was unter normalen Umständen nicht zu haben war und in mancher Hinsicht nachgebaut und heute versucht jeder in der westlichen Wirtschaft auf den chinesischen Zug aufzuspringen und Kohle zu machen.
Und das arme Unternehmen Microsoft um Milliarden geprellte Milliardäre und andere reiche Software "Gurus" haben mein Mitleid. Die Softwarepiraten von heute, sind die Software - Milliardäre von morgen und haben chinesische Namen.
netbitch - 14. Dez, 12:20

@che: Das Datum war purer Zufall.
@nickpol: Wundern muss dies alles Niemanden.Ich weiß bei dieser Entwicklung aber wirklich nicht, ob ich fasziniert sein oder das bedrohlich finden soll - schließlich rüstet China auch massiv, und wenn man sieht, wie wenig zimperlich dort mit Andersdenkenden umgegangen wird, stellt sich die Frage, ab wann sich der Rest der Welt vor China fürchten muss (was nicht heißt, dass nicht jetzt schon die USA und Rußland zum Fürchten sind). Parallelen zu Japan in der Zwischenkriegszeit würden mir einfallen.Und spätestens jetzt springt mir jeder chinesische Bekannte ins Gesicht, nein, ich meine natürlich nicht die Besatzungspolitik, sondern die Kombination aus Adaption fremder Technologien, autoritärem Staat und rascher Expansion.

nickpol - 14. Dez, 12:48

Keine andere Auffassung, die Chinesen sind in ihrer Wahl der Mittel ziemlich grob und mir macht das Angst. Dort liegt wirtschaftlich, politisch und kulturell das Zeug für neue Konflikte. Aber unsere Wirtschaftsmanager denken nicht in solchen moralischen Katagorien, die denken an die Kohle.
Der Westen hat sich ja schließlich auch ausgetobt und die Chinesen nehmen das für sich in Anspruch. Allein, die Feststellung und das Wissen darum machen die Sache nicht einfacher.
che2001 - 14. Dez, 13:23

"Die Kapitalisten verkaufen uns noch den Strick, an dem wir sie aufhängen werden" (W.I.Uljanow).
darkrond - 16. Dez, 16:32

naive frage

ich kann mich nicht wirklich entscheiden, was ich von all dem halten soll. ich kann ja noch einsehen, dass ein programmierer, der sich mit seinem programm mühe gibt, sich über ein paar euros oder dollar für seine mühe freut. aber bei den großen software-konzernen frage ich mich auch: wären sie ohne freies kopieren jemals so groß geworden? wären all die microsoft-applikationen jemals zu quasi-standards geworden ohne ihre massenhafte verbreitung durch freikopierer? ich halte die behauptung, eine "eindämmung" des frei kopierens um zehn prozent schüfe 2,4 mio arbeitsplätze für eine falsche milchmädchenrechnung. viel mehr glaube ich, dass eine starke verschärfung der überwachungs- und repressionsmaßnahmen eher zu einem verstärkten umstieg auf auch offiziell freie software führen würde. das wäre zwar schön für linux & co., aber so recht freut mich die tendenz zu mehr überwachung nicht. oder denke ich falsch?

netbitch - 16. Dez, 19:15

Es geht hier nicht so sehr um das Freikopieren, sondern darum, dass schwarzkopierte Software nicht frei weitergegeben, sondern, natürlich billiger als die offiziellen Versionen, kommerziell verkauft wird. In China machen sogar Softwarefirmen damit ihr Geschäft. Was würdest Du denn sagen, wenn jemand Photoshop mit Original Registriercode auf ein paar Tausend Cds brennt, auf das Cover "Photostar, die einzigartige Bildbearbeitungssoftware" schreibt und dieses Produkt für 100 Tacken vertreibt? In China geht man ja so weit, dass Kampfflugzeuge anderer Staaten ohne Lizenz nachgebaut werden und man andere Schleudersitze, neue Bereifungen und Betankungsanlagen einbaut und dann sagt, es sei eine eigenständige Weiterentwicklung.
darkrond - 18. Dez, 03:03

ich bin offenbar machmal tatsächlich naiv.

nee, das klingt nicht schön. wenn sie bloß kopierkosten nehmen würden, hm. aber richtig kohle machen damit? nee, klingt echt nicht schön.

frei assoziiert erinnert es mich spontan an die pharma-industrie, die jedes jahr dutzendweise "neue tollere bessere" medikamente auf den markt wirft, wobei das allermeiste aber reine scheininnovationen sind. vielleicht sollte dort auch das freie kopieren mal angedacht werden? /,-)
Greenland - 18. Dez, 23:50

BSA saugt am Hungertuch

Das wehleidige Getue der Software-Konzerne, die sich in der BSA zusammenrotten, geht mir echt auf den Geist.
Als selbständiger Entwickler und gleichzeitig als nebenamtlicher Einkäufer eines mittelständischen Unternehmens kenne ich beide Seiten. Einerseits bestelle ich jedes Jahr für rund eine halbe Million Euros Lizenzen, andererseits baue ich selber Software nach Maß, wobei hierfür der Zeitaufwand für die Entwicklung den Löwenanteil der Kosten ausmacht. Ich kann diese Software in der Regel genau einmal verkaufen, weil sie für eine spezielle Aufgabe gedacht ist. Ich kann die Entwicklungskosten nicht auf Millionen von Anwendern abwälzen. Genau das machen aber die Konzerne, besser: machten sie in der Vergangenheit. Ich denke, dass spätestens der 50'000ste Kunde von Microsoft die Entwicklungskosten für das Office-Paket wieder eingespielt hat. Nun sind es aber einige Dutzend Millionen Lizenznehmer, die Geld in die Kassen von Microsoft, Adobe oder Ex-Macromedia spülen. Wenn die großen Softwarehäuser sich an Skalenerträgen dumm und dämlich verdienen, sollten sie wenigstens berücksichtigen, dass ihre Markpreise andernorts völlig an der Realität vorbeigehen. So muss etwa zum Kauf von Microsoft Office Pro in China oder in den Staaten der Ex-Sowjetunion der Gegenwert eines halben Jahreseinkommens aufgewendet werden. Kein Wunder also, das raubkopiert wird, was das Zeug hält.

nickpol - 19. Dez, 12:46

Genau das ist der Punkt. Die grossen Firmen entwickeln doch nicht von Office 2000 zu 2003 komplett neu, in dem Falle MS. Die setzen auf vorhandenes auf, mit all ihren Fehlern und Ungereimtheiten. Bei Server Lizenzen reden wir von Millionen Euros, die in die Kassen der Grossen gespült werden. Da werden über Jahre Fehler durchgeschleppt der Kunde hat es aus zu baden. Kleine Softwareentwickler, Netzwerkbetreuer usw. haben die Möglichkeiten gar nicht. SAP z.B. ist so komplex aufgebaut, dass Firmen sich eigenes Personal halten müssen, nur um ein neues Modul in die vorhandene Architektur einzubinden. Länder, die sich das nicht leisten können, kopieren und verkaufen das ganze. Die, die am lautesten Schreien sind die Grössten auf dem Markt, die anderen hört man gar nicht. Und von wegen Arbeitsplätzen. Das ist schlicht das zusammen zählen von falschen Voraussetzungen. IBM hat vor über 13 Jahren in Berlin einen Firmensitz gebaut, über hundert Millionen Fördermittel des Landes Berlin verbraten, mit dem Versprechen wir schaffen Arbeitsplätze, hat man, IBM hat diesen Bau zum Mausoleum für Software gemacht, nix von Arbeitsplätzen.
Und wenn man von Raubkopien spricht, kann man getrost in Deutschland anfangen, da muss man nicht in den Fernen Osten.
blogger.de:moravagine - 21. Dez, 10:12

Ach so

ich kann gar nicht verstehen, dass ein derart unreflektiertes und unkommentiertes Stück BSA-Pressearbeit einfach so in den Kreislauf der Blogosphäre gelangt. Die anderen Kommentatoren haben bereits darauf hingewiesen, dass der wahre nachrichtliche Gehalt dieser Nachricht angesichts anderer Branchen (Pharma, HighTech etc) eher gering ist. Auffallender ist die Tendenz zu einer Relation Schutz von Softwarepatenten zu Arbeitsplätzen. Wenn wir uns erinnern, welche Erleichterungen Konzerne in den letzten Jahren erhielten und wieviel Kräfte sie freisetzten, dann muss man bei einer Verschärfung der Pirateriekontrollen mit eine hohen Anzahl an Arbeitslosen rechnen; wahrscheinlich genauso hoch wie wenn man gar nichts in der Hinsicht unternimmt.

Fazit: China ist weder eine große Chance noch Ursache verdrängter persönlicher Ängste.
Es ist einfach eine gigantische Kopie unseres Wirtschaftslebens. Und das das völlig frei von ethischen Befleckungen ist zeigen uns von der amerikanischen Regierung bis zu Ackermann alle Menschen an Schalthebeln, siehe auch das aktuelle Beispiel vom Putzfrauensohn zum Gaspipeline-AR-Chef...

netbitch - 21. Dez, 12:21

Unreflektiert und so:


Ich bekam peripher, d.h. über einen Geschäftsfreund, der im China-Handel engagiert ist, wahre Schauergeschichten darüber zu hören, was er da so erlebt. Allerdings sind diese privaten Berichte wenig dazu geeignet, öffentlich writergegeben zu werden, also stöberte ich zu den entsprechenden Schlagworten im Web und stieß auf diese BSA-Studie. Ich bin keine Expertin für Hintergründe und Interessenlage der BSA, dass aber das organisierte Raubkopieren von Software in China Existenzgrundlage zahlreicher Unternehmen ist, ist nunmal Fakt. Hinsichtlich der Fragwürdigkeit der BSA-Angaben zu verlorengehenden Arbeitsplätzen und den dahinterstehenden Intentionen kann ich ehrlich gesagt so viel nicht beisteuern und verweise dann also auf die Beiträge im Thread.
hiddensee - 2. Jan, 15:44

Studien der BSA haben gemeinhin den Charakter von BSE kranken geschrieben worden zu sein. Insofern eine weitere gute Quelle fuer kratzendes Toillettenpapier. haette, koennte, wuerde sind da immer in der Mehrzahl.

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