21
Mai
2013

Street Harrassment - wo beginnt es, wo hört es auf, wo sind die Grauzonen, wie geht frau damit um?

Dieser Beitrag hier berührte mich seltsam

https://highoncliches.wordpress.com/2013/05/10/warum-so-trauriggrimmigschlecht-gelaunt/


Also einerseits finde ich es sehr schlimm, was für Probleme Schwestern immer noch haben mit blöder Anmache und wie die sich auf offensichtlich sehr junge Frauen auswirkt. Frauen schlagt zurück, Frauenpatrouillen usw. haben offensichtlich nichts Nachhaltiges hinterlassen - Aktionen, wie wir sie mal durchführten haben weder Schule gemacht noch Strukturen aufgebaut, Jüngere sind heute mehr am Anfang als wir es vor über 20 Jahren schon mal waren, damals vor dem Hintergrund einer sich überwiegend ganz selbstverständlich als antisexistisch gemischten linken Szene agierend. Kürzlich hatte ich da auf einem Straßenfest eine einschlägige Erfahrung. Da stand ein Tüp herum, der eine attraktive Frau von Kopf bis Fuß durchguckte, es war ihm anzumerken, dass er wohl sehr auf sie abfuhr. Sie unterhielt sich strahlend lächelnd mit unterschiedlichen Leuten, und ich hatte den Eindruck, sie sei gut drauf und fühle sich wohl. Dann sprach sie einen ihrer männlichen Kumpels an, und der ging dann auf den Angucker zu und sagte ihm, das reiche jetzt, er solle abhauen und seine Bekannte nicht länger anstarren. Mit der tüpischen Reaktion des Ertappten sagte der, er habe doch gar nix gemacht, ging dann aber. Ich sagte dazu nix, aber in mir klappten gleich mehrere „Ahas!“ auf. Einerseits, ich war aber nicht die Begaffte, fand ich das Kucken von dem Kerlinger nicht soooo schlimm. Andererseits reagierte er so, wie Solche immer reagieren, langsam mehr kein Bock auf sowas. Aber: Dass die Frau ihn nicht selber in die Schranken wies, sondern einen anderen Kerlinger um Hilfe bat, das geht nach meinen Maßstäben gar nicht. Der wirkte als Beschützertüp viel mackerhafter als der Angucker selber. Feminismus heißt selber machen, nicht Kerlinger um Beistand bitten. Das nett lächeln aber sich bedroht fühlen der Frau reproduzierte auch so ein gängiges patronormatives Frauenverhalten: Genervt Sein, gute Miene zum bösen Spiel machen, aber das Maul nicht auf, sondern den männlichen Beschützer bitten. Puuuh!

Ich weiß gar nicht mehr, wo das war, auf highoncliches, Takeoverbeta, Mädchenmannschaft oder irgendwo in diesem Umfeld, kannn sein, dass das das hier war,

https://highoncliches.wordpress.com/2013/05/08/gucken-aber-nicht-anfassen/


irgendwo las ich, Männer, die Frauen angucken wären an sich schon übergriffig, im öffentlichen Raum gehörten Menschen nicht intensiv angeschaut, und wer das als Kerl gegenüber einer Frau tue sei schon so eine Art Vorstufe zum Vergewaltiger. Au weia! Für mich ist der öffentliche Raum ein Forum, ein Feld der Begegnung. Durch die Gegend laufen, Andere anlächeln und von Anderen angelächelt werden, irgendwo ohne besonderen Anlass Gespräche anzufangen ist für mich ein Lebenselixier. Mir würde echt was fehlen, wenn Kerlinger mich nicht anschauten, und ich mache schon mal aus der Wilhelmshöher Allee meinen persönlichen Catwalk, scharf gekleidet und auf Blicke bedacht. Auch mit 40 + bestehe ich darauf, eine schöne Frau zu sein und von Tüpen angehimmelt zu werden. Wenn mich Angestarrtwerden durch Tüpen nervt sage ich denen das. In südeuropäischen Ländern auf Urlaub kenne ich die Erfahrung, dass mir Kerls hinterherpfeifen oder, so mit Auto ausgestattet, nachhupen, und meine Reaktion ist dann meist, mich umzudrehen und sehr laut „Ich weiß, dass ich einen sexy Arsch habe, deswegen musst du nicht extra hupen!“ zu rufen, und da habe ich echt meinen Spaß.

Bevor ich in Beziehung war hatte ich mir in jedem Urlaub einen Lover aufgerissen, und am FKK-Strand beim Essen einer Banane sehr deutlich schöne Männer angeguckt und genau gewusst, was die bei meinem Bananenessen fantasierten - schwanzlutschen ist ja auch eine Art von Konsum.
Ich finde es geil, sexuell begehrt zu werden und habe gelernt, mich gegen sexuelle Belästigung robust zur Wehr zu setzen. Unterhalb einer vorgehaltenen Pistole bedroht mich niemand ernsthaft - ich kann Escrima, Taekwon-Do und Jiu-Jitsu. Die Erlebnisse von Vergewaltigungsopfern oder Frauen, die von Ehemännern oder Beziehungsnichtpartnern verprügelt werden sind mir fremd.


Das heißt nicht, kein MItgefühl für die Schwächeren zu haben, die in einer völlig anderen Situation sind, aber Empowerment bedeutet für mich, Andere dazu anzuleiten, sich zu wehren. Die geprügelten oder sonstwie bedrohten Schwestern haben meine volle Solidarität, doch komme ich bis heute weder damit zurecht, wieso sie sich das gefallen lassen, noch mit dieser Jammermentalität, die auf feministischen Blogs inzwischen üblich ist. Und da scheint mir highoncliches in einer sehr sehr armen Welt zu leben.

Meine höchst ambivalenten Erfahrungen mit Beguckt Werden und drauf reagieren kennt mein LeserInnenkreis ja schon, trotzdem noch einmal ein paar Beispiele dazu.



http://netbitch1.twoday.net/stories/6337774/


http://netbitch1.twoday.net/stories/2237572


http://netbitch1.twoday.net/stories/3181263/


Ich verstehe mich nun sehr explizit als Feministin, aber wenn diese Jammer-Wehklage-Mentalität, die bei Blogfeministinnen zur Zeit praktiziert wird neuer Feminismus sein soll habe ich damit nix zu tun. Frauen erhebt euch und die Welt erlebt euch, und nicht Frauen beweint euch.

Trackback URL:
https://netbitch1.twoday.net/stories/404101826/modTrackback

Wolf-Dieter (Gast) - 23. Mai, 08:34

Vernünftiger Standpunkt.

netbitch - 24. Mai, 00:44

Hmm. Du stimmst sowohl mir als auch Zweisatz zu. Nicht, dass ich dem was die schreibt nichts abgewinnen könnte, nur ist meine eigene Erlebnisweise halt eine völlig Andere. Könntest Du etwas dazu schreiben, wie Du diese völlig verschiedenen Ebenen erlebst? Würde mich sehr interessieren!
che2001 - 24. Mai, 22:07

NB, was Du hier betreibst ist Komplexitätsreduktion in eine andere Richtung als Zweisatz, Mädchenmannschaft und Co: Die Perspektive der herosexuellen sexpositiven kampfsporterfahrenen Powerfrau, die eher noch weniger verallgemeinerbar ist als die der marginalisierten, beleidigten und ausgegrenzten Queerfrauen. Als Kontrapunkt sehr lesbar und interessant, aber auch keine Falsifikation von dem, was die erleben. Verständnis für beide Positionen, das wäre echte Multidimensionalität.
netbitch - 26. Mai, 01:01

Ist herosexuell ein Verschreiber oder ernst gemeint? Ich formuliere ganz bewusst so "reduziert". Denn diese Perspektive, Frauen grundsätzlich als Opfer zu sehen halte ich sogar für antifeministisch. Ohne Kampf ist in dieser Welt nichts zu haben, und ohne Lust macht in ihr nichts Spaß.
che2001 - 26. Mai, 16:55

Reiner Verschreiber.
Wolf-Dieter (Gast) - 27. Mai, 12:53

Mein Kommentar bezog sich auf den letzten Satz.
Wolf-Dieter (Gast) - 27. Mai, 13:04

@netbitch -- deine Sichtweise find ich ok; mein Verhältnis zur High on Clichés ist eher rustikal: wenn ich derartige Weinerlichkeit erlebe, mach ich mich unauffällig von dannen. Mein Verständnis hält sich in Grenzen.
Wolf-Dieter (Gast) - 27. Mai, 17:27

Ein zweiter Blick auf High on Clichés -- sie schreibt im 2. Absatz, 2. Satz diese unsterblichen Worte:
Guten Tag liebe Arschlöcher und Zuschauer*innen, was wir hier haben, ist ein Beispiel für Street Harassment.
Sie unterscheidet die Welt also in Frauen und Arschlöcher. (Hinweis, ich bin männlich). Tja.

Ich werde sie jedenfalls meiden, das allerdings voller Freude.
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