Es gibt zwei Nachschläge zum entgleisten No-Border-Camp in Köln, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die Rede ist vom Thread bei Momorulez und dem bei Che:
http://metalust.wordpress.com/2012/08/09/und-die-diskussion-schreitet-fort-nachschlag-zu-critical-whiteness-und-dem-antira-camp-bei-dem-ich-nicht-war
http://che2001.blogger.de/stories/2109648/
Während Momo keinerlei Ahnung hat von dem, was da abging und das auch zugibt versucht Che, sich dem Thema empirisch zu nähern. Bei Momo ist dann von allen möglichen Dingen die Rede, die mit dem Camp nichts zu tun haben, sondern von seinem Bruch mit Che, mir, Nörgler usw. und den Gründen, die für ihn dazu führten. 9 Monate nach diesem Bruch ist dieser offensichtlich zwar vollzogen aber nicht verwunden. Sein ganzer No-Border-Camp-Thread ist komplett selbstbezogen und hat sehr wenig Berührung zum Camp und dessen Themen an sich. Ich will da jetzt kein Öl ins Feuer gießen, auch wenn ich eigentlich fast Alles ganz anders sehe, ein paar Sachen aber trotzdem aufgreifen.
Für Marginalisierte reden kann ich nur wenig, bin als Feministin mit auch in der Frauenszene absolut minoritären Positionen (BDSM-praktizierende Heteras sind da keine diskursrelevante Fraktion) zwar objektiv marginalisiert, mir sind aber Traumatisierungserfahrungen zum Glück weitgehend fremd, und die schmerzvollen Selbsterfahrungen, die bei Momo aus jeder virtuellen Pore dampfen erzeugen bei mir zunächtst mal Mitgefühl und ein gewisses Erschrecken. Ich sehe mich aber auch als keine, die eine „Normalisierungskeule“ schwingt. Allenfalls ist nach Tawse, Flogger, Rohrstock, Spring- Reit- und Dressurgerte, Peitsche und Neunschwänziger dann halt die Keule die theoretisch denkbare Fortsetzung;-)
Irgendwo war bei Momo mal zu lesen, in den „JUZIs“ (es gibt nur eines) wären Feministinnen, Schwule, Lesben und PoC weitestgehend ausgeschlossen, dort würden sich hauptsächlich heterosexuelle weiße Männer treffen. Stimmt nicht, feministische Inhalte waren im JUZI immer wichtig bis bestimmend, vom Ausschluss oder einer ausgeprägten Marginalisierung der genannten Gruppen kann gar nicht die Rede sein.
http://monsters.blogsport.de/2012/03/09/do-15-3-queerbar-im-juzi/
http://monsters.blogsport.de/2012/02/27/so-4-3-frauenlesbentrans-cafe-im-juzi/
Das Frauen/Lesbenplenum erlebte ich in meiner aktiven Zeit dort als sehr bestimmend, von anderen Szene-Kreisen als eine Art moralische Institution wahrgenommen, und ich gehörte selber dazu. Wenn meine Anmerkungen zum Suprematie-Verhalten einer bestimmten Fraktion zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb einer Szene, die insgesamt aus gesellschaftlich Marginalisierten besteht mistverstanden wurden ist das bedauerlich, aber dazu, mich nun in einen neokonservativen Backlash-Zusammenhang einzuordnen sehe ich keinerlei Anlass. Und dann: Für Opfer rassistischer Gewalt war das JUZI immer Anlaufpunkt.
Wenn Momo schreibt „Von in Göttingen in den 80ern lebenden Schwulen, die ich über meine Schwester kannte, weiß ich ja, dass exakt Typen wie Che, Workingclass Hero usw. denen natürlich jeden Lebensraum erstickt haben.“ weiß ich nichts über schwule Lebensräume in den 80ern, aber bezogen auf die namentlich Genannten kann ich nur lachen. Was hat der denn schon eine Ahnung davon, welche Rolle Workingclasshero, mein Liebster, und Che, fürmich so eine Art älterer Bruder und Kurzzeitfick dort gespielt hatten? Workingclasshero war da einer der wenigen Arbeiterfamlie-sozialisierten und auch prollig auftretenden Leute mit einer sehr ausgeprägten sozialen Kompetenz, so der Vorzeigeprol mit Helfersyndrom. Und Che zwar durch Flugblattexte, Theoriepapiere und Redebeiträge auf Kundgebungen omnipräsent, aber von der sozialen Einbindung her eher so eine Art wohlwollend-tolerierter Außenseiter, um nicht zu sagen Szeneoriginal. Eine prägende Wirkung auf das soziale Klima in der Szene hatte keiner von Beiden. Ich war die totale Dissidentin, weil ich mich regelmäßig mit der Szenemoral angelegt habe. Hier erzählt ein Blinder von der Farbe.
Ich komme zum Beitrag von Che.
Da geht es sehr konzise um das No-Border-Camp an sich. Es geht ihm Eingangs wie Momo, er ist sich unsicher, wie die Diskussionen zu bewerten seien, vom Stochern im Nebel ist die Rede. Und dann, ich könnte mir in die Titten beißen dass ich darauf nicht selber gekommen bin, nimmt er Kontakt auf zu Denen, die dazu am Besten Zeugnis ablegen können: Zu afrikanischen Flüchtlingen, die dort präsent waren und bekommt eine knappe, aber differenzierte Antwort, die er mitteilt. Und in Folgebeiträgen, so erscheint es zunächst, auch weiterbearbeitet.
Ich runzele immer noch die Stirn über diese absurden Verschränkungen, die ich auch nicht auflösen kann, hoffe aber, ein paar Dinge auf den Boden der Realität zurückführen zu können.
Sincerly
Lady Shalimar